Der Garten als Zufluchtsort

 

                                                                             

Welch ein Glück ein Stück Erde um das Haus zu haben! Gross braucht es nicht sein, aber Gras und Blumen, Büsche und Bäumen sollte es haben -- Futter für die Augen, Ohren, Nase und vor allem die Seele. Die Hummeln auf dem Rosmarin, die Schmetterlinge auf der Birke, die Bienen in den Primeln, sie alle wissen nichts vom Virus. Ihnen ist nur eines wichtig - Nektar zu finden, damit sie die Kraft haben, sich fortzupflanzen. Ihr ganzes Wesen ist auf Zukunft ausgerichtet.

Soviele Aktivitäten, denen wir sonst mit Pflichtgefühl, Drang nach Abwechslung und Verwirklichung nachrennen, sind wie weggefegt. Was bleibt, ist unser Wunsch zu überleben. Im Grunde nicht viel anders als der Instinkt der Insekten und Pflanzen. Als Menschen fühlen wir uns eingeschränkt durch die Massnahmen, die unser Leben retten sollen. Für uns ist die Situation neu, für die Insekten und Vögel dauert sie schon eine Weile. Was uns als Futter dient, die riesigen Monokulturen, vermindert das Angebot für die Tierwelt, vermindert ihre Existenz.

Und doch sind es gerade die Pflanzen, Insekten und Vögel, die uns Mut machen. Uns zeigen, dass das Leben weitergeht. Noch nie war ich so dankbar für jedes Summen und Zwitschern. Noch nie haben die Hyazinthen süsser geduftet. Noch nie stand ich so dankerfüllt unter der weiss-blühenden Zierkirsche. Auch die goldgelben Narzissen scheinen Zuversicht auszustrahlen. Es ist als hörte ich ein leises 'alles wird gut.'.

Warum nicht ein bisschen nachhelfen? Also hinein in die Dreckstiefel, hinaus in den Garten. Beim Hacken und Rechen und Schneiden bleibt im Gehirn kein Platz für den Virus. Überall muss ich aufpassen: auf die Stauden, die kaum aus der Erde schauen - nichts ist ärgerlicher als sie aus einem Übermass an Enthusiasmus abzuhacken.Auf die Tulpen, die wild dazwischen spriessen und mir kaum Platz für die Füsse lassen. Die Vase ist schon voll von herzlos abgebrochenen Knospen! Und wo hatte ich doch wieder die weissen Lilien gepflanzt? Im Herbst war ich sicher, ich würde mich daran erinnern. Schade, habe ich mich nicht an meinen eigenen Rat gehalten, sie mit einem glatten Stecken zu markieren (die von den Orchideen sind ideal). Jetzt werde ich es erst wissen, wenn ich mit der Gabel in eine Knolle gestochen habe!

Mich nur schon entscheiden, was ich dann als Erstes und Nächstes mache, ist ein mentaler Balanceakt und lässt keine trüben Gedanken zu. Da sind einmal die abgeblühten Schneeglöckchen, die es dringend zu teilen und zu versetzen gilt. Noch sehe ich die Lücken! Bei den Märzenbechern gelingt das Umsetzen nicht, zu tief sitzen sie in der Erde. Hier muss ich warten, bis die Samen voll und schwer zur Seite ragen, dann können sie geerntet und mit Schwung verbreitet werden.

Die Rosen sind geschnitten. Ein schneller Blick ob sich auch keine Zweige kreuzen, und dass alle dünnen und kranken Äste entfernt sind; die obersten Triebe sollten nach aussen zeigen. Kompost und eine Handvoll Langzeit Rosendünger (langt für die ganze Saison) geben ihnen die nötige Kraft, neu auszutreiben und Blüten zu entwickeln. Unglaublich welche Arbeit so ein Rosenstock in einer Saison leistet! Das Einharken des Düngers geht am besten mit einer speziell schmalen Rosengabel oder dem Einzinker. Lockern ist für alle Stauden wichtig, da nach dem Herumstehen und Schneiden die Erde verdichtet ist und wieder Luft braucht. Ausserdem sieht das Beet dann immer so 'amächelig' aus.

feinen Federgras (Stipa tenuissima) gilt es zu warten, bis das neue Grün durchtreibt, erst dann eine Handbreite über der Wurzel. Zum Teilen und Umsetzen ist es noch zu früh, die Erde sollte warm sein, erst dann können die Gräser gut anwachsen.

Nicht nur die Beeren und Stauden, auch die Zwiebelpflanzen profitieren von organischem Dünger. Narzissen, Tulpen, etc. brauchen Futter, damit die Knollen für nächstes Jahr neue Blüten anlegen können.

Was kein Futter braucht, sind die Schnecken und hier lohnt es sich ganz früh mit wenigen Körnern anzufangen, nur zwei pro Quadratmeter – kein blauer Teppich! So werden besonders die kleinen in der Erde bekämpft, die schon ungeduldig auf den zarten Austrieb der Stauden warten.

Die winter- und frühblühenden Büsche werden nach der Blüte aus- und zurückgeschnitten, denn sie blühen auf dem Holz, das sie dieses Jahr machen. Dazu gehören auch die weissen Spireen und das Zimtröschen (Philadelphus). Die Forsythien kann man ab und zu fast bodeneben abschneiden, so behalten sie die Form und bleiben blühwillig.

Was die Klematis betrifft, so hängt das Schneiden von der Blütezeit ab. Die frühen wie Montana und Alpina werden gar nicht oder nur ganz leicht nach der Blüte eingekürzt. Bei den grossblütigen Hybriden, die im Frühsommer blühen, schneidet man – aber nur im ersten Frühling nach der Pflanzung - den Trieb ca. 30cm über dem Boden ab, so entwickeln sich mehr Triebe, die dann horizontal links und rechts gezogen werden. Vom zweiten Jahr an, nur noch dürres Holz und abgestorbene Triebe abschneiden. Die spätblühenden hingegen, wie die robuste Viticella Gruppe, werden radikal bis zum alten Holz zurück genommen, da sie die Blüten am neuen Trieb bilden. Dann wird Dünger – Rosendünger oder Tomatendünger (fördert die Blütenbildung) und etwas Kalk um die Wurzeln verstreut und vorsichtig eingehackt. Unbedingt immer wieder einige wenige Schneckenkörner auf den Neuaustrieb verteilen. Der scheint für die Schnecken eine besondere Delikatesse zu sein!

Nachdem es dieses Jahr schwierig sein könnte, Jungpflanzen zu bekommen, würde es sich lohnen Samen zu bestellen und anzusäen. Etwas Perlit und Sand macht jede Erde leichter und für die Aussaat geeignet. Statt Töpfchen tun es auch Toilettenrollen, die sind tief und können dann grad mit eingepflanzt werden. Damit wären wir wieder bei der Zukunft. Bei einem Sommer, der kommt und auf den wir hinarbeiten. Statt wie in einer Warteschlaufe den Atem anzuhalten, beteiligen wir uns an dem Leben, das um uns herum treibt und spriesst – was für ein Glück!